Umsatzsteuerliche Gleichbehandlung von Pharmarabatten
Rabatte, die Pharmaunternehmen für die Lieferung von Arzneimitteln zu gewähren haben, mindern umsatzsteuerrechtlich die Steuerschuld der Pharmaunternehmen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um eine Lieferung für gesetzlich oder privat krankenversicherte Personen handelt, wie der BFH mit Urteil vom 08.02.2018 V R 42/15 entschieden hat.
Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das Arzneimittel herstellt und sie steuerpflichtig über Großhändler an Apotheken liefert. Diese geben die Arzneimittel an gesetzlich Krankenversicherte ab. Die Arzneimittel werden an die Krankenkassen geliefert und von diesen ihren Versicherten zur Verfügung gestellt. Die Apotheken gewähren den Krankenkassen einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis. Die Klägerin muss den Apotheken diesen Abschlag nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften erstatten. Die Finanzverwaltung behandelt den Abschlag umsatzsteuerrechtlich als Entgeltminderung. Dies führt zu einer Minderung der von der Klägerin geschuldeten Umsatzsteuer.
Arzneimittel für privat Krankenversicherte geben die Apotheken aufgrund von Einzelverträgen mit diesen Personen ab. Das Unternehmen der privaten Krankenversicherung ist dabei nicht selbst Abnehmer der Arzneimittel, sondern erstattet die ihren Versicherten entstandenen Kosten. Auch in diesem Fall muss die Klägerin dem Unternehmen der privaten Krankenversicherung einen Abschlag auf den Arzneimittelpreis gewähren. Dies beruht auf § 1 des Gesetzes über Rabatte für Arzneimittel vom 22.12.2010 (AMRabG). Danach haben die pharmazeutischen Unternehmer den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften (Beihilfeträgern) für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Klägerin macht auch für die nach § 1 AMRabG gewährten Rabatte eine Entgeltminderung und damit eine Minderung ihrer Steuerschuld geltend. Das Finanzamt verweigerte sich dem entsprechend einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.11.2012 (BStBl I 2012 S. 1170, unter I.2.). Die Entgeltminderung aufgrund eines Rabatts setze eine Lieferkette voraus, die zwischen dem Rabattgewährenden und dem Rabattempfänger bestehen müsse. Diese liege nur im Fall der Rabattgewährung an die gesetzlichen Krankenkassen vor, nicht aber auch bei der Rabattgewährung an die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und an Beihilfeträger, da die Lieferkette hier bei der privat krankenversicherten Person ende.
Im Revisionsverfahren richtete der BFH ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, das der EuGH durch das Urteil „Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG“ vom 20.12.2017 Rs. C-462/16 (EU:C:2017:1006) beantwortete.
Auf der Grundlage dieses EuGH-Urteils hat jetzt der BFH entschieden, dass auch die Abschläge pharmazeutischer Unternehmer nach § 1 AMRabG die Bemessungsgrundlage für die gelieferten Arzneimittel mindern. Damit kommt es zu einer Gleichbehandlung bei der Rabattgewährung an gesetzliche Krankenkassen einerseits und an Unternehmen der privaten Krankenversicherung sowie den diesen gleichgestellten Beihilfeträgern andererseits.
(Auszug aus einer Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs)